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Meine Erlebnisse in Togo - ungeschminkt

Ich verbrachte knapp ein halbes Jahr in der ehemaligen deutsch-französischen Kolonie Togo. Das Land zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Drei Viertel seiner knapp sechs Millionen Einwohner leben aus den mageren Erträgen ihrer Felder. Die Arbeitslosenquote wird auf 60 Prozent geschätzt. Ich bin seit 2012 zurück und habe mich verändert. Bin ernster, überlegter, ja, vielleicht einfach erwachsen(er) geworden.

Ich fühlte mich anfangs unterbeschäftigt und hätte mich aufregen können. Stattdessen habe ich mich selbstinitiativ auf Backpackerabenteuer quer durch Togo, HIV-Aufklärungskurse in Dorfschulen, Bergbesteigungen auf den höchsten Berg Togos, DELF-Diplom an der Universität in Lomé, Übersetzungen für amerikanische Mercyship-Teams und abendlange Gespräche mit Einheimischen eingelassen. Auf diese Weise habe ich die togolesische Kultur sehr intensiv erlebt.

Gerne begebe ich mich in Gedanken zurück an sehr heisse Tage (40°C). Zum Beispiel der Sonntag. Stunden im Gottesdienst. Nach drei Stunden Schweissbaden unter Blechdach auf Plastikstühlen, stimmt der Chor das Lied an. Es folgt ein in-einer-anderen-Tonlage-klingendes Keyboard, der Bassist dreht das komplette Lied hindurch die Wirbel und das Schlagzeug übertönt alle Disharmonie. Der Chor schreit noch lauter ins verstaubte Mikrophon. Der schöne afrikanische Gesang. Gibt’s den überhaupt?

Mit einer Amerikanerin von Mercyship bestieg ich den höchsten Berg Togos. Wir passierten ein unberührtes, abgelegenes Dorf im Urwald. Von weitem konnte man die Rhythmen der Trommeln mit wunderschönem Gesang hören. Was für ein Erlebnis! Es gibt ihn doch, den schönen afrikanischen Gesang.

Einmal rief der Pastor an und erzählte aufgeregt: „L’église est partie!“ Ich glaubte, nicht richtig zu hören. Ist die Kirche ausgewandert? Nein, sie wurde vom letzten Regensturm zusammengelegt. Von da an fand der Gottesdienst in unserem Haus statt, bis eine neue Kirche gebaut war.

Um einen Kurzeinsatz in vollen Zügen auskosten zu können, braucht es Interesse an anderen Kulturen, Geduld, Flexibilität, Mut, lösungsorientiertes Handeln, Durchhaltevermögen, Sprachkenntnisse und Abenteuerlust. Wichtig ist eine gute Einführung in die Kultur im Voraus. Das Wissen über Transportmöglichkeiten, Handel, lokale Verhaltensregeln, Preislisten, Wertvorstellungen, Religionen, Umgangssprachen etc. hilft beim Einleben. Ein Kurzeinsatz in einem Land des globalen Südens ist das Privileg, einen Einblick in eine andere Welt als unsere sichere, organisierte Schweiz zu gewinnen. Man kann noch so viel vorbereiten. Das Eintauchen in eine fremde Kultur bringt zwingend Abenteuer und Überraschungen mit sich. Und es lohnt sich!

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