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Ein Schweizer Bauingenieur in Sambia

Jeder Arbeitstag beginnt um 07:00 Uhr mit einer Andacht zusammen mit allen Arbeitern. Ich bin dafür verantwortlich, dass die Bauten nach Plan ausgeführt werden und alles Material vorhanden ist. Es bereitet mir aber auch grosse Freude, Andachten zu leiten und den Einheimischen Gottes Wort weiterzugeben. Viele sind Christen und gehen jeden Sonntag in die Kirche. Sie glauben alles, was der Pastor lehrt, auch wenn es manchmal falsch ist. Da sie keine eigene Bibel besitzen, können sie das Gehörte nicht nachprüfen. Ein Beispiel dafür erlebte ich letzte Woche. Ein Vorarbeiter wurde vor meinen Augen beim Stehlen erwischt. Es fiel mir schwer, ihm seine Position als Vorgesetzten zu entziehen und ihn wieder als normalen Arbeiter einzustellen. Deshalb verwarnten wir ihn in Anwesenheit der andern ein letztes Mal. Dabei irritierte es uns, dass er als Christ keinerlei Reue zeigte. Viele Einheimische denken, dass Alkohol vom Teufel sei und wer Alkohol trinke kein Christ sei. Stehlen hingegen sehen sie nicht als Sünde. Es ist für sie bloss ‚Ausleihen‘. Sie sagen: „Die Ware lag herum und wurde von niemandem gebraucht.“ Die Bestohlenen denken: „Wenn mir etwas genommen wird, bekomme ich es später im Leben mit etwas anderem, das ich mir ‚ausleihe‘, wieder zurück.“

Durch die permanente Zusammenarbeit mit den Einheimischen lerne ich ihre Kultur besser kennen. Wir ‚Westler‘ können von den Afrikanern auch viel lernen – zum Beispiel, dass eine  Person wichtiger ist als die Arbeit. Es kommt immer wieder vor, dass ich jemandem einen Auftrag erteile, dieser aber nicht erledigt wird. Dafür werden gute Gespräche geführt und Freunde gewonnen. In der Schweiz ist meist die Arbeit wichtiger als die Person, Beziehungen werden deshalb eher vernachlässigt.

In einer unserer Morgenandachten erzählte ich, wie ich zum Glauben an Jesus gefunden hatte. Als wir spontan fragten, wer sein Leben Jesus anvertrauen wolle, meldeten sich zu unserer Überraschung acht Arbeiter. Das war eine riesige Freude und es zeigte mir einmal mehr, weshalb ich hier bin und dass ich hier am richtigen Platz bin. Es war auch sehr ermutigend zu sehen, wie schnell sich diese Arbeiter danach positiv veränderten. Sie zeigten mehr Freude an der Arbeit und Nächstenliebe untereinander. Jetzt ist Jüngerschaft angesagt.

 

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