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Reality Check

Gerade wenn man wie ich in einer Missionsgesellschaft arbeitet oder man sich wie du mit dem Gedanken trägt einen Kurzzeit-Einsatz zu wagen, ist die Frage von zentraler Bedeutung, wie man denn ein „gutes Zeugnis“ ist. Oft fällt es uns leichter Zeugnis zu sein an Orten, an denen wir nicht „zu Hause“ sind. Wir tun dann meist Dinge, die wir in unserem gewohnten Umfeld nie oder fast nie tun würden. Wir besuchen Menschen in Gefängnissen, sprechen Leute auf der Straße an und leiten Bibelarbeiten.

Ich persönlich musste aber vor einigen Jahren schmerzhaft erleben, dass ich auf Dauer meinem Idealbild nicht entsprechen konnte. Ich bin körperlich und seelisch zusammengebrochen unter der Last meiner eigenen Erwartungen, denn es hat sich herausgestellt, dass mein Wunsch ein gutes Zeugnis zu sein auf sehr wackeligen Säulen stand. Die eine Säule war „schlechtes Gewissen“ und die andere „es aus eigener Kraft stemmen müssen“.

Leider viel zu spät hab ich erkannt: meine ehrliche Sehnsucht, Menschen für Jesus erreichen zu wollen war vermischt mit schlechtem Gewissen, kein guter Nachfolger zu sein, wenn ich nicht jede Gelegenheit nutzen würde. Ich wollte, dass wenigstens einer den Weg zu Jesus findet, damit auch ich gut dastehe, damit ich etwas herzeigen kann und mich Gott daher mehr liebt.

Als dann der Erfolg ausblieb, musste die zweite Säule „aus eigener Kraft“ immer mehr auf sich nehmen, denn ich wollte meinem Herrn ja meine Liebe erweisen, indem ich alles tat was mir nur möglich war. Und so hab ich fast alles versucht: gepredigt, zu christlichen Veranstaltungen und in meine Gemeinde eingeladen, christliche Bücher verschenkt und mich in diverse Diskussionen über „die Wahrheit“ verstrickt. Aber je mehr ich versucht habe, desto stärker sind die Mauern geworden.

Und dann ist gar nichts mehr gegangen, denn mein Selbstwert war ja abhängig davon, wie andere auf meine Bemühungen reagieren würden und welchen Erfolg ich vorzuweisen hatte. Und da war nicht so viel vorzuweisen!

Und mitten in diesem Zerbruch, im Zweifeln und Ringen zu verstehen warum, alles so schief gegangen ist, kam ein anderer Missionar auf mich zu und sagte: “Du bist so ein wunderbares Zeugnis für mich in all deiner Zerbrochenheit, weil ich erlebe, dass es erlaubt ist schwach zu sein!“

„WAS?!?!?“ Also das war nicht mein Plan gewesen! Ich wollte stark und unabhängig sein und etwas vorweisen können! Aber die Frucht, die der Herr entstehen ließ, war ganz anders ausgefallen als ich mir gewünscht hatte.

Jesus wollte mich befreien von den wackeligen Säulen und mich zu allererst auf ganz festen Grund stellen. Den Grund, dass ich von ihm selbst erwählt bin! Ich muss mich nicht würdig erweisen durch das, was ich aus eigener Kraft alles schaffen kann. Ich BIN erwählt und geliebt von Gott selbst; und von diesem Grund aus darf ich gehen und leben und anderen davon erzählen!

Und: ich BIN BESTIMMT Frucht zu bringen, auch wenn sie völlig anders aussieht als ich dachte! Denn „die Frucht hingegen, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung. Galater 5,22

Ich würde mir so wünschen, dass - egal wo ihr gerade steht - ihr genauso wie ich damals neuen Mut fassen könnt Großes mit Jesus zu wagen. Denn wenn er mit euch auf der Reise ist, dann könnt ihr tatsächlich über Mauern springen! Über Mauern, die noch zwischen Jesus und euch stehen. Über Mauern des Selbstzweifels. Aber auch über Mauern hin zu dem Nächsten, wo auch immer der ist!

 

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