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Der ganz andere Alltag in Madagaskar

Nun sind schon 2 Monate vergangen, seit ich in Mahatsara in Madagaskar angekommen bin. In der ersten Zeit hier lebte ich wie im Film – so enorm viele neue Eindrücke, die auf mich einströmten und verdaut werden mussten. Ich realisiere jetzt jeden Tag etwas mehr, wie das Leben in dem ca. 2500-köpfigen Dorf Mahatsara wirklich läuft.
Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist es, durchs Dorf zu gehen. Meistens ergibt sich das, wenn ich in einem andern Teil des Dorfes eine Arbeit erledigen muss oder einen Kindertreff besuche. Die Mission wurde über das ganze Dorf verstreut gebaut – in einer Ecke befindet sich das Bibelschulgelände, zirka in der Mitte die Krankenstation, und auf der anderen Seite des Dorfes die Häuser für die Besucher. So durchquert man automatisch immer wieder das Dorf und kommt so mit den Menschen in Kontakt.
Am besten nehme ich euch jetzt gleich einmal mit auf dem Weg durchs Dorf …

Rundgang durchs Dorf
Wir verlassen das Gelände des Krankenposten-Areals und schlendern los. Das Dorf ist grösstenteils im Rundkurs zu durchqueren, so werden wir nach einer „Runde“ wieder am Ausgangspunkt ankommen. Es geht vorbei an den Bambuszäunen, hinter welchen meist eine Gruppe von kleinen, auf Stelzen gebauten Holzhütten steht, die mit wunderschönen Palmblättern bedeckt sind. Die Zäune sind wichtig, um am Tag die Zebu-Herden, „Omby‘s“, wie sie hier genannt werden, fernzuhalten, und in der Nacht die umherschnüffelnden Hunde oder andere ungebetene Gäste. Es gibt auch einen Bambusholzsteg zu überqueren. Da darf man als ungeübte Schweizerin nicht in Eile sein, sonst droht man in den Schlamm zu fallen. Aber mit Zeit, Ruhe und Balance ist er gut passierbar. Geht man an anderen Menschen vorbei, schenkt man ihnen mindestens ein Lächeln oder nickt anerkennend dem anderen zu. Noch besser ist es, eine der hier üblichen Grüsse zu rufen oder kurz Rast zu machen, um mit den Bekannten die Neuheiten durchzugehen. Das funktioniert schneller als der «Blick am Abend» in der Schweiz. Wir versuchen uns mit Händen und Füssen und einigen Wörtern Malagasy zu verständigen. Die meist fröhlichen, herzlichen Dorfbewohner mit ihrem ansteckenden Lachen muss man einfach gern haben.
Man sieht die Frauen, wie sie, mit ihren Tüchern umwickelt, ihren Arbeiten nachgehen: Kochen auf dem offenen Feuer, Zerstampfen von Kaffee oder Reis, Flechten von Sitz- oder Essmatten sind nur einige der vielen Tätigkeiten, die man beobachten kann. Es ist auch nicht selten, das eine Horde Kinder zur Strasse rennt, um zu schauen, was los ist – und wenn sie sehen, dass die unbekannte Weisse kommt, bleiben sie mit grossen Augen stehen. Die Kleinen beginnen manchmal vor Angst zu weinen!  Sie brauchten Zeit, sich an mich zu gewöhnen. Inzwischen ist aber das Vertrauen schon grösser.

Kochen? Ein Erlebnis!
Da ich sehr gerne in der Küche stehe, mache ich das auch hier – und seit dem Schulbeginn der Kinder Anfang Oktober gehört es zu einer täglichen Aufgabe von mir. Es macht Spass zu improvisieren mit dem, was man gerade eben an der Türe kaufen konnte und das Gemüse zu kochen, welches am dringendsten gebraucht werden muss. Alle für mich unbekannten Gemüse- und Früchtesorten, aber auch Fische und Crevetten zu kochen, ist ein wahres Erlebnis.
Neben den praktischen Arbeiten besuche ich sehr gerne zweimal in der Woche die Kindertreffs in unterschiedlichen Teilen des Dorfes. Derzeit bereiten wir gerade Lieder für Weihnachten vor, bei denen die Kinder aus voller Kehle mitsingen – wunderschön!

Gottesdienst auf Madagassisch
Jeden Sonntag vor acht Uhr morgens, strömen aus allen Richtungen des Dorfes die Menschen zu der grossen runden Kirche. Die Kinder setzen sich alle auf den Boden in einer Gruppe zusammen – mindestens 70 sind es jeweils! Die Erwachsenen setzen sich auf die schlichten Holzbänke ohne Lehne. Nur schon während drei Stunden «Haltung zu bewahren», ist eine Herausforderung. Auf der einen Seite sammelt sich der Jugendchor, auf einer anderen die Frauen und auf einer weiteren die älteren Männer. Sobald die ersten paar Leute da sind, beginnt man mit Singen. Wenn dann, ca. 1 Stunde später, der Leitende den Eindruck hat, dass alle da sind, wird der Gottesdienst offiziell begonnen. Zuerst kommen die Kinder auf ihre Kosten und danach die Erwachsenen. Am Schluss des Gottesdienstes kommt es oft vor, dass Menschen vor der ganzen Gemeinde bezeugen, dass sie sich für Jesus entschieden haben. Am Ende sammeln sich die Menschen draussen in einem Kreis und man reicht jedem zum Abschied die Hand. Ich finde das eine wunderschöne Tradition. Am Sonntagnachmittag besteht die Möglichkeit, an einer Bibelstunde teilzunehmen.
Ich spüre auch, dass sehr viel gebetet wird, ich bin sehr froh und dankbar dafür. Denn nur durch Seine Hilfe kann der Herr die angefangene Arbeit hier weiterführen und wachsen lassen. Ich vertraue darauf, dass Gott zur richtigen Zeit auch für mich den nächsten Schritt zeigt.



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