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«Ich danke Gott dafür, dass ich verhaftet wurde!»

In Brasilien kommen viele Jugendliche schon früh mit dem Gesetz in Konflikt und landen im Gefängnis. Die Teams vom ProVIDA besuchen regelmässig verschiedene Jugendstrafanstalten – und erleben dabei viel Schweres, aber auch immer wieder Ermutigendes. Eine Mitarbeiterin erzählt:
Jeden Freitagmorgen besuche ich gemeinsam mit zwei Frauen aus dem ProVIDA-Team die Jugendstrafanstalt CESEF, in der unter anderem 13–18-jährige Mädchen inhaftiert sind. Für die Besuche packe ich immer mehrere Bibeln  und meine Gitarre ein – die Mädchen singen gerne und viele erinnern sich dadurch an die Zeit, als sie noch keine Drogen nahmen, noch nicht straffällig geworden waren und zum Teil sogar in die Kirche gingen.
Mit einigen Mädchen können wir inzwischen seelsorgerische Gespräch führen und gemeinsam anhand von Geschichten traumatische Erlebnisse aufarbeiten. Ich bin immer wieder erstaunt, wie offen die Mädchen erzählen – und schockiert über das, was sie schon erlebt haben. Wie gut, dass wir ihnen zeigen können, dass sie wertvoll sind und dass Jesus sie liebt und ihnen helfen will.

Jacy – die verlorene Tochter
Ein ganz besonderes Gespräch hatte ich letztes Jahr mit Jacy. Ich erzählte ihr die Geschichte vom verlorenen Sohn und sie war tief bewegt davon. Sie sah viele Parallelen in ihrem eigenen Leben  – sie fühlte sich wie ein verachtetes, schlechtes Mädchen, das Drogen nahm, sich nicht um ihre alte Grossmutter und den behinderten Vater kümmerte und erst noch Überfälle verübte, um Geld für Drogen zu beschaffen. Doch wie der verlorene Sohn hoffte sie auf die Vergebung und Liebe des Vaters. Sie sagte, dass sie Gott inzwischen dafür danke, dass sie verhaftet wurde, denn dadurch wurde sie frei von den Drogen, lernte bei unseren Besuchen Jesus kennen und konnte ihr Leben ändern. Ausserdem sagte sie: «Ich bin so dankbar, dass ihr jede Woche kommt und für uns betet! Danke, dass ihr euch um uns kümmert! Und immer, wenn ihr wieder geht, bete ich für euch, dass Gott euch beschützt und bewahrt und gut nach Hause bringt.» Ich dachte: «Wow, das ist der Dank des Jahres!» Solche Worte hören wir in unserer Arbeit selten und ich bewahrte sie in meinem Herzen auf, um in Momenten der Entmutigung daran zu denken.

Lebenswichtige Gespräche
Jacy hatte sich in der Zeit im Gefängnis wirklich sehr verändert und war mir sehr ans Herz gewachsen. Am Tag ihrer Entlassung schenkte ich ihr eine Bibel und gab ihr meine Handynummer, dann reiste sie in ihre Stadt zurück, rund vier Stunden von Belém entfernt. Ein paar Monate später hörte ich von einer Mitarbeiterin vom Gefängnis, dass Jacy ermordet worden war. Die Nachricht schockierte mich sehr. Und ich habe einmal mehr realisiert, wie wichtig es ist, dass wir die Möglichkeit wahrnehmen und diese Jugendlichen besuchen und mit ihnen sprechen.


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