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Menschen mit sauberen Herzen
Stell dir vor, du besuchst eine gute Freundin oder einen guten Freund. Du planst, wieviel Zeit du bei ihnen verbringen willst und welchen Zug du spätestens erwischen solltest, um rechtzeitig zum Abendessen zu Hause zu sein. So plane ich auch meine Besuchsdienste. Nur... die Zeitrechnung ist hier ein bisschen anders!
Vor einigen Wochen besuchte ich eine Flüchtlingsfamilie. Ich traf um 19:15 Uhr bei ihnen ein und wollte mich um 22:50 Uhr verabschieden. Entsetzt schauten sie mich an: «Was? Warum schon gehen? Du kommst immer nur kurz.» Kurz? Naja, das ist Ansichtssache... Beim nächsten Mal kam ich schon um 16 Uhr und ging weit nach Mitternacht nach Hause in der Hoffnung, dass dieser Besuch nun lange genug gewesen war.
In den letzten Monaten besuchte ich vor allem Nazas* Familie häufig. Ich liebe diese Familie. Wir machen oft Spiele zusammen, reden stundenlang, gehen spazieren... Sie sind wie eine Familie für mich geworden! Im März haben sie mich zu einem Gottesdienst in meine Gemeinde begleitet. Danach war ich gespannt auf ihre Reaktion. «Was ist ihnen wohl aufgefallen, was hat sie irritiert, was hat ihnen gefallen?» Als ich Nazas Mann nach seiner Meinung fragte, überlegte er kurz und sagte dann: «Es sind viele Menschen, die haben sauberes Herz.» Wow, ich war völlig perplex! Das wäre nie eine Rückmeldung, die ich zu einem Gottesdienst geben würde. Ich würde vielleicht den Lobpreis oder die Predigt oder die Offenheit der Menschen erwähnen. Aber er hat uns Christen beschrieben und zwar als Menschen mit sauberen Herzen! Und das ist ja auch Realität: Christus hat unsere Herzen gereinigt!
Ich hatte seither sehr viele lange und tiefgründige Gespräche mit Naza und besonders mit ihrem Mann Rizgar*. Sie stellen gute, aber für mich herausfordernde Fragen. Es ist mein Gebet, dass Jesus während unseres Zusammenseins in mir wirkt und durch mein Reden, Handeln und Sein sichtbar wird, sodass sie eine immer grössere Sehnsucht nach Gott bekommen. Denn diese Fragen kann ich nicht ausführlich genug beantworten.
Vor zwei Wochen konnte ich ihnen ein Injil (Neues Testament) in ihrer Sprache schenken. Als Rizgar am Abend nach Hause kam, war seine erste Frage: «Hast du ein Injil mitgebracht?» Er setzte sich gleich hin, ass und las – und danach redeten wir bis halb zwei Uhr in der Früh über Jesus!
omschweiz.ch
*Name geändert