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Auf Umwegen zur Bibelschule

Wer in eine Kultur eintaucht, fragt sich manchmal, ob es sich wirklich lohnt, für seinen Einsatz viel zu investieren und ob sich auch gerade ein längerer Einsatz lohnt. Seit 32 Jahren arbeite ich als Schweizer mit meiner Frau in Südamerika und kann sagen, dass sich ein Einsatz, ob ein kurzer oder langer, lohnt. Die Lebensberichte von Einheimischen, die wir unterrichten, motivieren mich immer wieder, diese Arbeit zu tun. Ein Bespiel hierfür ist dieser Bericht:

«Ich heisse Ever und gehöre zur Ethnie der Kankuamo in Kolumbien. Weil wir in der Familie arm waren, war ich schon als kleines Kind mit der Feldarbeit vertraut. Wie es in unserer Kultur Brauch ist, suchten meine Eltern die Schamanen auf, damit sie die Geister um Schutz anrufen sollten. Auch die Armbändchen mit den speziellen Pflanzensamen, die sie mir als Kind umbanden, sollten mich nach ihrem Glauben vor Krankheit und dem Bösen schützen. Ich war ein scheues Kind mit Minderwertigkeitskomplexen. Es fiel mir besonders schwer, meine Zugehörigkeit zur indigenen Bevölkerung anzunehmen, denn wir sind in unserem Land wenig geachtet und werden deshalb von anderen manchmal zurückgewiesen.

Ich konnte in meiner Gegend die ersten sechs Klassen besuchen, für einen weiteren Schulbesuch reichte das Geld aber nicht mehr. So arbeitete ich auf dem Feld.

Im Jahr 1999 kam eine Gruppe von Christen in mein Dorf und erklärte das Evangelium. Meine Eltern und ich nahmen Christus an. Es war wunderbar, Jesus kennenzulernen. Er veränderte mein Leben und mein ganzes Zuhause. Als ich begann, dem Herrn zu dienen, musste ich zwar nicht wirklich unter Verfolgung leiden, aber einige Familienangehörige lehnten mich nun ab, lachten mich aus und redeten schlecht über mich. Das war nicht einfach, aber mit Gottes Hilfe machte ich weiter.

Als ich in den Militärdienst eintrat, tat ich verschiedene Dinge, die Gott nicht gefielen. Anschliessend reiste ich nach Venezuela und arbeitete dort. Aber mein Leben schien mir ohne Sinn. Das Geld, das ich verdiente, verschleuderte ich. Langsam wuchs in mir der Wunsch, Gott erneut zu suchen. Ich begann wieder in die Kirche zu gehen, brachte mein Leben mit Gott in Ordnung und diente ihm von neuem.

Als ich dann zurück in mein Dorf kam, schloss ich mich den dortigen Christen an. Viele von denen, die mich früher abgelehnt und wegen meines Glaubens ausgelacht hatten, dienten nun selbst dem Herrn.

Gott erfüllt mir einen meiner grössten Wünsche, mehr von seinem Wort zu lernen, indem er mir die Gelegenheit gibt, an der Bibelschule von indicamino «La Antorcha» zu studieren. Schon immer wollte ich an einen Ort gehen, wo Gottes Wort unterrichtet wird, aber es war bis dahin nicht möglich gewesen. Jetzt möchte ich meine Ausbildung beenden, damit ich den Menschen meines Dorfes oder denen, zu denen Gott mich führt, die Botschaft der Errettung in aller Klarheit bringen kann.»  

 

Traugott lebt und arbeitet aktuell in Kolumbien

www.indicamino.org