Stories

Mell lässt sich nicht unterkriegen

Mell besuchte die Gutenberg-Schule des Kinderwerks Lima in Huanta/Peru. Vor kurzem schloss sie die Schule ab – als Zweitbeste ihrer Klasse.

Sie ist die Jüngste von sieben Schwestern. Vier haben schon das Haus verlassen und eigene Kinder. Mutter Elisa betreibt einen Stand auf dem Wochenmarkt. Da ist die einzig sichere Einnahmequelle der Familie. Mells Vater geht keiner geregelten Arbeit nach.

Die Mutter sagt: «Wenn mein Mann zu Geld kommt, betrinkt er sich umgehend. Dann ist er oft tagelang weg. Ich bete viel für ihn (seufzt). Das geht jetzt schon 14 Jahre so. Wenn er trinkt, vergisst er einfach alles.»

Mells ältere Schwester Jessika ist 21. Sie ist geistig zurückgeblieben. Nach einer Vergewaltigung wurde sie schwanger. Sie hat einen kleinen Sohn. Die Sozialarbeiterinnen der Schule kümmern sich um sie.

Zukunftspläne
Mell hätte allen Grund, sich über ihr schweres Leben zu beklagen. Aber sie gibt nicht auf. Für ihre guten Leistungen im Fach Lebensmittelverarbeitung erhielt sie einen Preis. Und sie hat Pläne für ihre Zukunft: «Ich kann jetzt mein eigenes Geld verdienen. Auf der Gutenberg-Schule habe ich gelernt, Backwaren herzustellen und Früchte zu verarbeiten. Ich könnte auch in einem Restaurant die Küchenleitung übernehmen und die Preise für die Gerichte kalkulieren. Vielleicht beginne ich nebenher einen kleinen Lebensmittelhandel.»

Mells Traumberuf hat allerdings nichts mit Lebensmitteln zu tun. Sie möchte Krankenschwester werden. Das bedeutet eine fünfjährige Ausbildung in der Provinzhauptstadt Ayacucho, eine Autostunde entfernt.

Mell hat den nötigen Willen zum Erfolg
Sie weiss, dass das ein steiniger Weg werden wird: «Klar, das kostet Schulgeld. Aber – wie gesagt – ich kann jetzt Geld verdienen. Und meine Schwestern und meine Mutter werden mir helfen.»

Mells Einstellung ist ein kleines Wunder. Sie geht ihren Weg selbstbewusst und ohne Bitterkeit. Lehrerin Melissa Medina ermutigte sie bei der Abschlussfreier: «Mell, du und deine Mutter, ihr habt euch unglaublich angestrengt. Ich bin sehr stolz auf euch!»

www.kinderwerk-lima.ch