Histoires

Gott kommt vor meinen Prinzipien

Bei uns im Tschad ist eine gute Gesundheitsversorgung keine Selbstverständlichkeit. Vielen Menschen fehlt das Geld für Behandlungen. So kommen sie häufig zu uns auf die Station, wenn sie ein gesundheitliches Problem haben.

Weil jedoch bei uns auf der Station keine Krankenschwester wohnt, ist es an mir, die Notfälle zu managen. „Ich bin keine Ärztin“, muss ich immer wieder betonen. Ich mache nur dann eine Behandlung, wenn Blut fliesst oder wenn es sich um kleinere Verbrennungen handelt. Diese beiden Grundregeln helfen auch unseren Wächtern am Tor. Sie entschieden, ob sie mich holen kommen oder ob sie die Leute direkt ans Spital verweisen müssen.

Ruhe zu bewahren ist das A und O

Manchmal staune ich über mich selber, wie ruhig ich in teilweise schwierigen Situationen bleiben kann. Beispielsweise dann, wenn mir ein Kleinkind gebracht wird, das in kochend heisses Wasser gefallen ist und drei Zentimeter grosse Blasen über sein Gesäss verteilt hat.

Wenn es „unsichtbare“ medizinische Probleme sind, gebe ich nur Ratschläge. Manchmal kommen Leute, die über Kopfschmerzen klagen. Ihnen empfehle ich, genug zu trinken, jenen mit einer etwas zu aktiven Verdauung gebe ich ein paar Bananen mit. Natürlich immer mit dem Hinweis, dass sie ins Spital gehen sollen, wenn es nicht besser wird.

Gott führt entgegen meinen Regeln

An jenem bestimmten Abend war es jedoch anders. Wir wollten gerade Nachtessen. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Da kam ein Mann zu uns, der regelmässig mit Andreas zusammen die Bibel studiert. Er war in Panik, weil sein Sohn sich sehr heiss anfühlte und zitterte. Dies, obwohl der Kleine ein paar Tage zuvor bereits eine Behandlung gegen Malaria erhalten hatte. Ich spürte, dass in dieser Situation weder Wasser noch Bananen angesagt waren, auch wenn das Kind mich überrascht anschaute, als ich es weckte. Andreas brachte Vater und Sohn ins Spital.

Dort hörte der Arzt, der auch unser Freund ist, den Jungen ab. Schliesslich diagnostizierte er zum ersten Mal in seiner Karriere ein Fall von Diphterie (Infektionskrankheit der Atemwege). Die Kinder hier im Tschad werden nicht dagegen geimpft. Sofort isolierte und behandelte der Arzt den Jungen. In der Zwischenzeit wurden in unserem Dorf und der Umgebung drei weitere Fälle von Diphterie festgestellt, von denen ein Fall tödlich verlief. Doch weil das Kind unseres Bekannten gerade noch rechtzeitig therapiert werden konnte, erholte er sich ohne Folgeschäden und eine Epidemie konnte verhindert werden.

Ich danke Gott dafür, wie diese Situation ausging. Sie hat mich ermutigt, dass ich in jeder Situation auf ihn höre. Manchmal will er, dass ich meine Prinzipien über den Haufen werfe und mich allein auf ihn verlasse.

 

www.sam-info.org