Histoires

Als Lehrerin in einer fremden Kultur

Auf drei Jahre Erfahrung in ihrem Beruf kann Miriam Steiner bereits zurückblicken, als sie sich bei der SIM Schweiz für einen Missionseinsatz bewirbt. Für die ausgebildete Vorschul- und Primarlehrerin findet sich schnell ein Platz, an dem sie mit ihrem Wissen und ihrem gelebten Glauben gebraucht wird. Die SIM in Niger unterhält das Projekt „SIM-Education“, und dort ist die Unterstützung durch Miriam höchst willkommen. Doch lassen wir Miriam selbst zu Wort kommen:

Das SIM-Education-Team besteht in diesem Jahr mit mir zusammen aus fünf Leuten, zwei von ihnen, Laurence Moret und Isalyne Burgat, stammen aus der französischsprachigen Schweiz. Die Hauptaufgabe besteht darin, einheimische Schulen und Lehrpersonen im Unterricht zu besuchen, zu begleiten, zu beraten und Weiterbildungen für sie zu organisieren.

Zu Beginn meines Aufenthaltes durfte ich ein zehntägiges pädagogisches Seminar besuchen, das sich mit Fragen des Unterrichtens mit einem christlichen Lebensstil beschäftigte. Eines der Hauptthemen, welches immer wieder auftauchte, war die Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt in der Schule und nicht zuletzt mit der Frage, ob eine Lehrperson die Kinder in der Schule schlagen dürfe. Das Seminar bot mir gleichzeitig die Möglichkeit, Bekanntschaft mit einheimischen Lehrkräften zu schliessen, mit denen ich später zusammenarbeiten würde.

Eindrücke von einer „anderen Welt“
Wenn ich auf der Terrasse meines Hauses sitze oder durch die Strassen Niameys schlendere, bietet sich mir eine Vielfalt an Geräuschen. Manche sind mir bekannt, andere weniger. Und einige passen für mich nicht in eine Grossstadt. Oder besser gesagt: in eine Grossstadt, wie ich sie kenne. Da höre ich das ständige Surren des Ventilators, das Meckern der Geissen, die hier zuhauf frei auf den Strassen herumlaufen, Auto- und Motorradhupen, die Rufe des Muezzins, Kindergeschrei, Gespräche in unbekannten Sprachen, das Krabbeln der Eidechsen, das schmatzende Geräusch meiner Flipflops, die nach einem Regenschauer beim Gehen im Matsch stecken bleiben, die bettelnden Kinder, das Klopfen an Autoscheiben an einer Kreuzung von Personen, die Guthaben für Prepaid-Karten oder Ähnliches verkaufen oder die Scheiben putzen möchten. Da ist das Klappern der Hufe der Esel, die eine Last durch die Strasse ziehen, das Knallen der Peitschen, mit denen sie zur Eile angetrieben werden, und das Quietschen der Räder ihres Wagens. Das Brummen der überladenen Lastwagen, schreiende Hähne oder das Bimmeln der Händler, die von Strasse zu Strasse ziehen, um etwas zu verkaufen. Pfeifen, Knattern, Knarren, Klopfen etc. aus Quellen, die ich bis jetzt nicht finden konnte. Dazu Gerüche, vertraut und doch so fremd.

Herausforderungen im Schulalltag
Es ist sehr heiss, im Moment meist um die 40°C. Die Ventilatoren funktionieren nicht, da es keinen Strom gibt. Auf dem Terrain der Schule existieren nicht viele Schattenplätze. Es gibt kein fliessendes Wasser in den Schulzimmern; alles benötigte Wasser muss bei der Pumpe geholt werden: Zum Trinken, zum Putzen der Wandtafel oder der Schiefertafeln, zum Händewaschen etc. Es sind nicht alle Möbel, Schulbänke und Materialien vorhanden, die benötigt würden.

Der Unterricht ist in Französisch, wobei nur wenige Kinder im Kindergarten diese Sprache verstehen und sprechen können. Die Arbeitsblätter im Kindergarten werden momentan für jedes einzelne der 25 Kinder von Hand gezeichnet. Bei Schulbeginn kennst du deine Klassengrösse nicht, und sie verändert sich stetig im Lauf  der ersten Wochen, weil Kinder an- und abgemeldet werden.

Meine Aufgabe ist es zu beobachten, Erfahrungen zu sammeln und die Lehrperson zu unterstützen. Da der Familien- und Kulturhintergrund der Kinder ein anderer ist, als ich das von der Schweiz her kenne, ist dies spannend, aber auch herausfordernd.

Gottes statt meiner Weisheit
Dort, wo meine Weisheit und Erfahrung aufhören, fängt Gottes Weisheit an - dies durfte ich erfahren, während ich versuchte, einer Lehrperson zur Seite zu stehen, welche jeden Tag 27 dreijährige Kinder zu bändigen hatte. Sie hat keine Ausbildung gemacht. Sie arbeitete lediglich anderthalb Jahre in dieser Schule als Assistentin. Zu Beginn des zweiten Semesters wurde ihr die Klasse übergeben – die Lehrperson, welche die Klasse vorher führte, wurde aufgrund Lehrermangels in eine andere Stufe versetzt. Überfordert mit dieser Aufgabe bat sie mich, sie zu unterstützen. So haben wir jeweils einen Morgen pro Woche gemeinsam vorbereitet und durchgeführt. Sport, eine Geschichte erzählen und vier verschiedene Ateliers standen jeweils auf dem Programm.

Am Schuljahresende feierten wir mit den Lehrkräften, die an den Weiterbildungskursen teilgenommen hatten. Bei diesem Anlass wurden die Teilnahmebestätigungen ausgehändigt, die ich vorbereiten durfte: insgesamt 94 Personen hatten in diesem Jahr an mindestens einem Kurs teilgenommen! Die Stimmung war top, der Hunger gross, und das Adieu-Sagen herzlich. Ich bin gespannt, was Gott aus diesen gemeinsamen Erlebnissen wachsen lässt. Ob wir uns wohl je wiedersehen werden?

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