Histoires

«Life Lesson» von einem Obdachlosen

Ein Bestandteil unserer Arbeit in den USA ist der «Relief Bus». Mit diesem Bus fahren wir nach New York und tun Obdachlosen Gutes, indem wir ihren körperlichen und zwischenmenschlichen Nöten begegnen. Einerseits geben wir also kostenlos Suppe, Getränke und Hygieneartikel aus, andererseits gehört es aber auch zu unserer Arbeit, dass wir zu den Obdachlosen Freundschaften aufbauen, für sie beten oder vielleicht auch einfach nur mit ihnen über das Wetter sprechen. Dabei treffen wir auf allerhand Leute, von Kriegsveteranen bis hin zu Drogenabhängigen. Die Gesprächsthemen sind so vielfältig, wie die Personen, mit denen wir sprechen: Von tiefgreifenden Diskussionen über biblische Themen bis hin zum gewöhnlichen Alltag ist alles dabei.

Für uns als freiwillige Mitarbeiter ist diese Arbeit nicht nur eine ungemeine Erweiterung unseres Horizonts, sondern wir lehren auch, wie man auf Menschen zu- und eingeht. Unsere Erfahrungen sind aber bei unserem Einsatz in New York nebensächlich. Im Zentrum stehen die Menschen, denen wir dienen und so die Liebe Gottes praktisch weitergeben wollen.

 

Joseph – Obdachlos und dankbar

Dazu möchte ich von einer Begegnung mit einem Obdachlosen erzählen, der mich besonders beeindruckt hat. Beim letzten Relief Bus-Einsatz liefen wir durch die Straßen von Manhattan, bewaffnet mit Hygieneartikeln und Socken – und mit weit geöffneten Herzen. Wenn wir Obdachlose entdeckten, sprachen wir sie an, setzten uns zu ihnen auf den Gehweg und begannen eine Unterhaltung mit ihnen, wenn sie das wollten. Einer der Obdachlosen war Joseph. Er ist ein «waschechter» New Yorker, lebt schon seit einigen Jahren dort und ist seit circa einem Jahr obdachlos. Obwohl er nun also mit seinen 80 Jahren auf der Strasse sitzt, ist er weder verbittert, noch hatte er seinen Optimismus verloren. Er begegnete uns mit viel Dankbarkeit und meinte zu uns, dass wir so plötzlich aufgetaucht seien, wie «Engel, die aus dem Nichts kamen». Das berührte mich in besonderer Weise. Denn es zeigt, dass wir nicht einfach nur Hygieneartikel und Gespräche anbieten, sondern Gottes Licht in diese Welt ausstrahlen. Ich hoffe, dass Joseph durch uns daran erinnert wurde, dass Gott ihn liebt, obwohl er am Rande der Gesellschaft steht. Beim Abschied meinte er ausserdem fast beiläufig, dass wir uns immer wieder daran erinnern sollen, dass Gott gut ist. Ich fand es sehr beeindruckend, dass er dies in seiner Situation sagen kann. Es ist sicherlich nicht einfach, mit 80 Jahren auf der Straße zu leben.
Ich persönlich möchte das als «Life Lesson» mitnehmen – Gott ist immer gut, egal ob ich in den Umständen und Lebenssituationen einen Sinn erkenne oder nicht.

 

Von Arne

 

Liebenzell.ch