Histoires

Tobi – ein Kind mit zwei Seiten

Auf der einen Seite aggressiv, impulsiv, unberechenbar, auf der anderen Seite ängstlich, intelligent, liebevoll: das ist Tobias. Er ist sechs Jahre alt und besucht die 1. Klasse der Gutenberg-Schule in Santaní, Paraguay.
Tobi lebt mit seinem kleinen Bruder (3) bei der Mutter. Die Eltern haben sich getrennt. Die Mutter hat inzwischen einen neuen Partner. Zuhause herrscht ein rauer Ton. Tobis schulische Leistungen schwanken, er bekommt Nachhilfe.

Aggressiv, unsicher, ängstlich, liebevoll …
Katharina betreute den Jungen während ihres sechsmonatigen Praktikums. «Es ist, als ob er zwei Gesichter hätte. An einem Tag ist er der liebste und tollste Junge der Welt – und am nächsten Tag ist er total aggressiv und nicht zu bändigen», erzählt sie. «Einmal hat er mir mein Handy weggerissen und durchs Klassenzimmer geschleudert. An einem anderen Tag rannte er aus der Klasse und ich musste ihn über eine halbe Stunde lang suchen. Er traute sich gar nicht mehr zurück in die Klasse und klammerte sich an mir fest. Er weinte und sagte, dass er solche Angst habe. Er erzählte, dass er eigentlich gerne anders wäre, aber nicht wüsste, wie. Er ist unsicher und fragt immer wieder nach, ob er sich denn jetzt richtig verhalten habe.»

Ganzheitliche Betreuung
Tobi wurde schliesslich aus der Nachhilfegruppe genommen und von Katharina separat betreut. Auf Initiative der Schule geht er mit seiner Mutter zur Schulpsychologin. Ausserdem wurde auch ein Termin bei einem Neurologen vereinbart – vielleicht haben die Stimmungsschwankungen des Jungen noch einen anderen Grund und sind nicht alleine auf die familiäre Situation zurückzuführen. Die Behandlungskosten werden zu einem guten Teil von der Schule übernommen. Währenddessen begleitet die Schule Mutter und Sohn auch seelsorgerlich.

Ermutigung und Zuneigung
Katharina sagt: «Tobi brachte mich oft an meine Grenzen. Aber trotz allem ist er mir total ans Herz gewachsen. Er ist eigentlich ein sehr intelligenter Junge. Er braucht einfach Ermutigung und Zuneigung. Manchmal sassen wir zusammen in der Sonne und unterhielten uns. Das gefiel ihm immer sehr, und er kuschelte sich eng an mich. Ich jedenfalls habe viel von der Liebe, die ich ihm gegeben habe, zurückbekommen!»


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